Schutztechnik für Gleichstromanwendungen

Gleichstromnetze stellen spezielle Anforderungen an Schutz- und Schaltgeräte, da der Strom keinen Nulldurchgang hat, wie es bei Wechselstromnetzen der Fall ist. Ziel unserer Forschung ist es, neue, innovative, zuverlässigere und sichere Geräte für DC-Systeme zu entwickeln, die gleichzeitig schnell den Fehler detektieren und abschalten können. Unsere Expertise erstreckt sich dabei über den gesamten Bereich von der Komponentenentwicklung über Komponenten- und Systemtests bis zur Auslegung gesamter Schutzkonzepte.

Fehleranalysen und Auslegung von Schutzkonzepten

In modernen Gleichstromnetzten sind häufig verschiedene Einspeisungen, wie beispielsweise mehrere Photovoltaikanlagen, integriert, was eine komplexe Vermaschung der Netzstruktur zur Folge hat. Auch bei einer solchen komplexen Struktur des Netzes muss im Fehlerfall der entsprechende fehlerbehaftete Teil des Netzes präzise abgetrennt werden, um den Weiterbetrieb und die Sicherheit des Gesamtsystems zu gewährleisten. Damit unabhängig vom Fehler immer der richtige Schalter oder die richtige Sicherung auslöst, also Selektivität sichergestellt ist, muss das Schutzkonzept dementsprechend ausgelegt werden. Durch unser Know-How im Bereich der unterschiedlichen Schaltgeräte, Gleichstromsysteme aber auch der Standardisierung innerhalb der elektrischen Infrastruktur führen wir für unsere Kunden Fehleranalysen und Reviews bestehender oder geplanter Systeme durch oder übernehmen auch eine ganzheitliche Auslegung des Schutzkonzeptes.

Entwicklung elektronischer Schaltgeräte

Für besonders schnelles Schalten bei Gleichspannung mit maximaler Flexibilität in der Schaltcharakteristik werden elektronische Schaltgeräte eingesetzt. Das Fraunhofer IISB deckt hierbei den gesamten Entwicklungsprozess ab. In zahlreichen Forschungs- und Industrieprojekten, wie beispielsweise DC-Schutzsystem, DC-Industrie oder HybSchaDC, haben wir bereits innovative Schaltkonzepte und Schutzschalter entwickelt und umfangreiches Know-How aufgebaut und gezeigt. Beginnend mit Entwicklung, Analyse und Auswahl geeigneter Topologien über die Schaltplanerstellung und Auswahl der Einzelkomponenten für Schalt- und Messtechnik sowie Ansteuerung und Überspannungsschutz bis zum finalen Hardwaredesign können wir unseren Kunden vielfältige Unterstützung bieten.

Entwicklung von Subkomponenten für Schaltgeräte

© Fraunhofer IISB
Überstrom- Begrenzungs- und Detektionseinheit zur ultraschnellen Erkennung von Kurzschlüssen bei gleichzeitiger Strombegrenzung.

Für schnelles Schalten ist insbesondere eine schnelle und präzise Detektion des Fehlers erforderlich. Hier entwickeln wir innovative und anwendungsspezifische Fehlererkennungsmethoden, die für das Ansteuern eines Schutzorgans verwendet werden können. Ein prominentes Beispiel hierfür ist die Überstrom-Begrenzungs- und Detektionseinheit. Diese ist für die ultraschnelle Erkennung von Kurzschlüssen entwickelt und begrenzt zusätzlich den Stromanstieg, um eine Schädigung von Komponenten im Netz zu verhindern. Dieses prämierte und vom Fraunhofer IISB zum Patent angemeldete Detektionsverfahren ermöglicht ein Auslösen des Abschaltvorgangs im zweistelligen Nanosekundenbereich. Es ist damit die schnellste bekannte Methode, um zuverlässig einen Kurzschluss zu erkennen. Darüber hinaus entwickeln wir Methoden zur Fehlererkennung mittels Impedanzmessung sowie integrierte Vorladefunktion für elektronische Schaltgeräte und weitere innovative Erweiterungen der traditionellen Schutztechnik.

Test von Schutz- und Schaltgeräten

© Fraunhofer IISB
Lichtbogenmessplatz zur Untersuchung des Verhaltens von Komponenten unter Lichtbogeneinfluss.

Für den Test von DC-Schaltgeräten stehen am Fraunhofer IISB umfangreiche Testmöglichkeiten zur Verfügung. So können Schutzkomponenten in einem DC-Labornetz untersucht werden und dabei nicht nur das Geräteverhalten in verschiedenen Netzzuständen und Fehlern getestet werden, sondern auch der Einfluss auf die Stabilität und das Verhalten des Netzes. Zudem können mit einem eigens entwickelten Lichtbogenmessplatz Tests bei im Netz auftretendem Lichtbogen erfolgen. Es können auch Kurzschlusstests mit unterschiedlichen Fehlerimpedanzen durchgeführt werden und somit die Auslösecharakteristik von Schutzorganen validiert werden. Zudem werden aktuell weitere Testkapazitäten für Kurzschlussströme bis 10 kA und bis zu 1.500 V aufgebaut. Außerdem wird ein Hardwareaufbau geschaffen, um Schutzgeräte mit realen DC-Lastprofilen bis 200 A testen zu können.