Simulation und Automatisierung

Optimierungen in Energiesystemen stellen wegen der Kopplung der verschiedenen Energieformen (z. B. Strom, Wärme und Kälte) über Erzeugungsanlagen und Verbraucher eine komplexe Aufgabe dar. Der Grund liegt darin, dass Änderungen in einem Untersystem häufig in Einflüssen auf das restliche Energiesystem resultieren.

Um Eingriffe in das reale System zu vermeiden, bieten wir Simulationen für die nicht-invasive Untersuchung des Einflusses von Optimierungen in Ihrem System. Zielstellungen sind dabei beispielsweise die Lastspitzenreduktion, Effizienzerhöhung von Erzeugungsanlagen sowie die Eigenverbrauchsoptimierung. Im Rahmen einer Realisierung der ermittelten Maßnahmen unterstützen wir Sie bei der Planung und Umsetzung der Automatisierungstechnik (MSR-Technik) sowie bei der Programmierung der Steuerungssysteme.

Modellierung und Simulation von Energiesystemen und -komponenten

© Fraunhofer IISB
Übersicht über die verschiedenen Bestandteile von Systemsimulationen dezentraler Energiesysteme

Mit Hilfe von Simulationen wird der Einfluss von Betriebsstrategien und Komponenten nicht-invasiv (das heißt ohne Eingriffe in das System) untersucht. Dazu werden am Fraunhofer IISB Modellbibliotheken aller wichtiger Energiesystemkomponenten entwickelt. Die sind zum Teil selbstoptimierend (Training der Modelle mittels historischer Messdaten). Die Modelle werden überwiegend als Black- und Grey-Box-Modelle formuliert, wodurch eine einfache Adaption auf andere Anlagenausführungen erlaubt wird.

Als Grundlage für viele Betriebsstrategien werden Lastprognosen benötigt. Die Erstellung dieser erfolgt mit verschiedenen Methoden (siehe Schwerpunkt Energiedatenanalyse und KI)

Die Simulationen werden unter anderem eingesetzt, um
  • Anlagen zu dimensionieren,
  • Szenarien (z. B. verschiedene Anlagenkonstellationen) zu untersuchen,
  • Wirtschaftlichkeiten abzuschätzen sowie
  • den Einfluss intelligenter Betriebsstrategien zu quantifizieren.
Die Optimierungsziele, welche mit Hilfe der Simulationen untersucht werden, sind vielfältig:
  • Lastspitzenreduktion mit Energiespeichern und energietechnischen Anlagen (z. B. Batteriespeicher, BHKW, Wärmepumpe, Kältespeicher etc.)
  • Eigenverbrauchsoptimierung von Strom aus regenerativen Energiequellen sowie aus Sonnenenergie
  • Effizienzerhöhung durch Verschiebung von Anlagenarbeitspunkten (z. B. Optimierung des COP bei Kältemaschinen)
  • CO2-Reduktion durch optimierten Ressourceneinsatz

Automatisierung von Energiesystemen und -komponenten

© Fraunhofer IISB
Inbetriebnahme der Regelungs- und Steuerungstechnik einer Kühlwasserstation
© Fraunhofer IISB
Übersicht zum Großkältespeicher des Fraunhofer IISB am HMI-Panel der zuständigen SPS
© Fraunhofer IISB
Schaltschrank eines am Fraunhofer IISB aufgebauten Wärmepumpensystems zur Gewinnung von Wärme aus den Abluftanlagen des Instituts

Am Fraunhofer IISB wird die Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik für energietechnische Anlagen konzeptioniert, modelliert sowie im Rahmen von Prototypen und Demonstratoren realisiert. Dazu gehören folgende Arbeitspunkte:

  • Konzeption und Entwicklung neuartiger Betriebsstrategien, welche zum Beispiel in Form von endlichen deterministischen Zustandsautomaten umgesetzt werden
  • Daten(vor)verarbeitung und -analyse
  • SPS- und HMI-Programmierung für die Steuerung und Regelung der Anlage sowie für die Überwachung aller relevanten Messwerte und Parameter
  • Charakterisierung und Validierung der Anlagen und Anlagenfunktionen, zum Beispiel durch einen Vergleich mit den simulativ ermittelten Ergebnissen
  • Entwicklung von Prototypen für Komponenten von Energiesystemen (z. B. ein modulares digitales Temperatursensor-System MoDiTeS)
    • Schaltplanentwicklung
    • Platinenlayout
    • Mikrocontroller-Firmware
    • Grafische Benutzeroberfläche für Parametrierung und Datenlogging

Im Reallabor des Fraunhofer IISB wurden bereits zahlreiche energietechnische Anlagen konzeptioniert, aufgebaut, automatisiert und validiert. Diese Anlagen dienen zum einen als Forschungsanlagen, zum anderen sind sie in das Energiesystem des IISB eingebunden und werden als Infrastrukturanlgen betrieben. Dadurch wird eine anwendungsnahe Forschung ermöglicht, welche Aspekte wie Zuverlässigkeit und Betriebssicherheit berücksichtigt.

Energiemonitoring und Energiemanagement

© Fraunhofer IISB
Überblick über das Energiesystem am Fraunhofer IISB im Energiemonitoringsystem

Als Grundlage für Optimierungen in einem Energiesystem ist die Kenntnis über die zeitlichen Verläufe der elektrischen, thermischen und weiteren Leistungen erforderlich. Am Fraunhofer IISB wurde dafür ein Energiemonitoringsystem aufgebaut. Die abgefragten Messdaten werden für eine weitere Nutzung in Datenbanken gespeichert. Wichtige Größen sind:

  • Elektrische Werte Wechselstrom (AC): Wirk-/Blind-/Scheinleistung, Leistungsfaktor, Ströme, Spannungen, Netzfrequenz etc.
  • Elektrische Werte Gleichstrom (DC): Leistung, Ströme, Spannungen etc.
  • Thermische Messwerte: thermische Leistung Kälte/Wärme, Temperaturen, Durchfluss
  • Anlagendaten: Zustände, berechnete Größen etc.
  • Umgebungsmesswerte: Außentemperatur, Luftdruck, Luftfeuchte

Das Energiemonitoringsystem dient als Datenquelle für die Entwicklung von Komponentenmodellen, Systemsimulationen und intelligenten Betriebsstrategien.

Projektbeispiel: Energieeffizienter Betrieb von Fertigungsgeräten mit hohem Energie- bzw. Ressourcenverbrauch

© Fraunhofer IISB
Eine geänderte Prozessführung führt zu Einsparpotentialen bei Oxidationsöfen

Am Fraunhofer IISB wurden Halbleiterfertigungsgeräte mit hohem Energie- bzw. Ressourcenverbrauch  hinsichtlich eines energieeffizienten Betriebs untersucht.

Zunächst wurden Konzepte zum energieeffizienten Betrieb einer Labor-Epitaxieanlage des Fraunhofer IISB untersucht. Nach Anschaffung einer Epitaxie-Anlage im Industriemaßstab wurden die erstellten Konzepte inklusive umfangreichem Energiemonitoring umgesetzt. So wurde zur Optimierung des Energieverbrauchs das Kühlsystem hydraulisch entkoppelt. Die Abluftversorgung wurde unter Zuhilfenahme von lokalen Lüftern realisiert, was energetisch günstiger ist als die Erhöhung des zentralen Abluftstroms. Ein neuer zentraler Wasserstoff-Reiniger auf Basis einer Palladium-Zellen-Technologie ermöglicht die Bereitstellung der benötigten Wasserstoffmenge und erlaubt außerdem eine Absenkung der Wasserstoff-Qualität im Gastank des IISB. Dies erweitert die Möglichkeiten der Wasserstoff-Rückspeisung, die im Themenfeld Gas-Strom-Kopplung untersucht wird.

Die Untersuchung von thermischen Öfen für Diffusions- und Oxidationsprozesse hat weitere Möglichkeiten zur Energieeinsparung aufgezeigt. Dabei bieten sowohl eine geänderte Prozessführung als auch Veränderungen im Standby-Verhalten Einsparpotentiale. So ermöglichen bereits einfache Veränderungen der Arbeitsabläufe große Energieeinsparungen, wie beispielsweise das zeitnahe Entladen der ausgefahrenen Paddel nach Prozessende. Durch das Erhöhen der Raten der Aufheiz- und Abkühlphasen sind deutliche Einsparungen sowohl an verbrauchter Energie als auch benötigter Zeit möglich. Mit optimierten Parametern ergibt sich eine maximale Einsparung von 25 % bei der Gesamtprozessdauer und 22,5 % bei der aufgewendeten Prozessenergie.